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Verfall tariflichen Mehrurlaubs bei Arbeitsunfähigkeit

1. Die Tarifvertragsparteien des TV-L haben mit § 26 Abs. 2 Buchst. a TV-L ein eigenständiges, von dem des Bundesurlaubsgesetzes abweichendes Fristenregime geschaffen, nach dem der tarifliche Mehrurlaub auch bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit am Ende des zweiten Übertragungszeitraums am 31. Mai des Folgejahres verfällt.

2. Die Abgeltung tariflicher Mehrurlaubsansprüche bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist nicht davon abhängig, dass die Arbeitsfähigkeit wiedererlangt wird. Insofern haben die Tarifvertragsparteien des TV-L keine eigenständige Regelung getroffen, sondern lediglich auf die Bestimmungen zum gesetzlichen Mindesturlaub Bezug genommen.

Orientierungssätze der Richterinnen und Richter des Bundesarbeitsgerichts

1. Die Tarifvertragsparteien können Urlaubs-und Urlaubsabgeltungsansprüche, die den von Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie gewährleisteten und von § 3 Abs. 1 BUrlG begründeten Anspruch auf Mindestjahresurlaub von vier Wochen übersteigen (tariflicher Mehrurlaub), frei regeln.

2. Sie können deshalb auch bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit wirksam den Verfall von tariflichen Mehrurlaubsansprüchen am Ende des Urlaubsjahres und/oder eines kurzen Übertragungszeitraums von wenigen Monaten vorsehen. Ebenso können sie die Abgeltung des Mehrurlaubs bei Vertragsbeendigung davon abhängig machen, dass die Arbeitsunfähigkeit nicht fortdauert.

3. Ob die Tarifvertragsparteien den tariflichen Mehrurlaub gemäß den Regeln über den gesetzlichen Mindesturlaub behandelt wissen oder abweichende Regeln schaffen wollten, ist durch Auslegung zu ermitteln. Ein „Gleichlauf“ des gesetzlichen Urlaubsanspruchs und des Anspruchs auf tariflichen Mehrurlaub bezüglich des Verfalls ist nicht gewollt, wenn die Tarifvertragsparteien entweder bei der Befristung und Übertragung bzw. beim Verfall des Urlaubs zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und tarifvertraglichem Mehrurlaub unterschieden oder sich vom gesetzlichen Fristenregime gelöst und eigenständige, vom Bundesurlaubsgesetz abweichende Regelungen zur Befristung und Übertragung bzw. zum Verfall des Urlaubsanspruchs getroffen haben.

4. Eine entsprechende Prüfung ist bezüglich der Abgeltungsvorschriften vorzunehmen, um zu ermitteln, ob die Abgeltung kein reiner Geldanspruch, sondern von weiteren Voraussetzungen abhängig sein soll.

5. Aus der nach diesen Grundsätzen vorzunehmenden Tarifauslegung folgt, dass die Tarifvertragsparteien des TV-L zwar ein eigenständiges Fristenregime für den Verfall des Mehrurlaubs geschaffen haben, sodass dieser auch bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit nicht mehr in Anspruch genommen werden kann. Bezüglich der Abgeltung von Urlaubsansprüchen besteht dagegen ein Gleichlauf mit den Regelungen zum gesetzlichen Mindesturlaub; der Abgeltungsanspruch ist ein reiner Geldanspruch.

§ 26 TV-L.
Art. 267 AEUV.
Art. 7 Richtlinie 2003/88/EG Arbeitszeitrichtlinie.
§§ 1, 3 Abs. 1, § 7 Abs. 3 und Abs. 4 BUrlG.
§ 47 BAT.

BAG, Urt. v. 22. 5. 2012 – 9 AZR 618/10 –

Zitierfähig mit Smartlink: https://oeffentlichesdienstrechtdigital.de/PersV.11.2012.433

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