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Beteiligung bei außerordentlicher Kündigung – verfassungskonforme Auslegung
1. Nach § 79 Abs. 1, § 87 Nr. 8 des Personalvertretungsgesetzes des Landes Berlin in der Fassung des Siebten Gesetzes zur Änderung des Personalvertretungsgesetzes vom 17. Juli 2008 (PersVG, GVBl. 2008, 206) bedarf die Kündigung eines Arbeitnehmers der vorherigen Zustimmung des Personalrats. Kommt eine Einigung nicht zustande, kann die Einigungsstelle angerufen werden. Gemäß § 83 Abs. 3 Satz 3 PersVG bindet deren Beschluss die Beteiligten. Eine ohne Zustimmung des Personalrats oder ohne deren Ersetzung durch die Einigungsstelle erklärten Kündigung ist unwirksam. Dies folgt aus § 108 Abs. 2 BPersVG.
2. § 83 Abs. 3 Satz 3 PersVG iVm. § 79 Abs. 1, § 87 Nr. 8 PersVG ist verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die Einigungsstelle über die Zustimmungsersetzung nicht nach einem Ermessensmaßstab, sondern strikt rechtsgebunden zu entscheiden hat und ihr Beschluss der vollen Überprüfung durch die Verwaltungsgerichte unterliegt. In dieser Auslegung genügt das Zustimmungserfordernis den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Demokratieprinzips.
a) Das Demokratieprinzip aus Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG iVm. Art. 20 Abs. 2 GG verlangt, dass die parlamentarische Verantwortlichkeit der Regierung bei Maßnahmen, die zwar die Interessen der Beschäftigten berühren, schwerpunktmäßig aber die Erledigung von Amtsaufgaben betreffen, keine substantielle Einschränkung erfährt. Dazu gehören Maßnahmen der Personalpolitik, die den Rechtsstatus von Beamten, Angestellten und Arbeitern des öffentlichen Dienstes betreffen, und damit auch personelle Einzelmaßnahmen wie Kündigungen von Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes. Die Entscheidung über solche Maßnahmen darf nicht zur Alleinentscheidung einer Stelle übertragen werden, die Parlament und Regierung nicht verantwortlich ist.
b) Es ist nicht möglich, § 81 Abs. 2 Satz 1 PersVG zur Herstellung von Verfassungskonformität in der Weise zu verstehen, dass dem Senat von Berlin ein Letztentscheidungsrecht auch bei Kündigungen von solchen Arbeitnehmern zustünde, die nicht zeitlich überwiegend hoheitsrechtliche Befugnisse iSv. Art. 33 Abs. 4 GG ausüben.
c) Zur Herstellung eines verfassungskonformen Ergebnisses scheidet angesichts des unmissverständlich entgegenstehenden Willens des Landesgesetzgebers eine analoge Anwendung des Regelwerks zur eingeschränkten Mitbestimmung – mit der Folge, dass der Beschluss der Einigungsstelle entgegen § 83 Abs. 3 Satz 3 PersVG bloßen Empfehlungscharakter besäße – ebenfalls aus.
d) Ein sog. Evokationsrecht nach § 83 Abs. 3 Satz 4 PersVG, durch welches der Senat von Berlin die Sache an sich ziehen kann, wenn die fragliche Maßnahme im Einzelfall wegen ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwesen wesentlicher Bestandteil der Regierungsgewalt ist, besteht bei der außerordentlichen verhaltensbedingten Kündigung eines Arbeitnehmers in der Regel nicht. Es würde den erkennbaren Willen des Landesgesetzgebers konterkarieren, wenn § 83 Abs. 3 Satz 4 PersVG im Sinne einer Auffangvorschrift beliebig und voraussetzungslos bei allen personellen Maßnahmen herangezogen würde, bei denen die Entscheidung der Einigungsstelle nach § 81 Abs. 2, § 83 Abs. 3 Satz 3 PersVG verbindlich ist.
Art. 20 Abs. 2, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG.
§ 108 Abs. 2 BPersVG.
§ 79 Abs. 1, §§ 81, 82, 83 Abs. 3 Satz 3 und 4, § 87 Nr. 8 PersVG Berlin.
BAG, Urt. v. 27. Januar 2011 – 2 AZR 744/09 –
Seiten 392 - 395
Zitierfähig mit Smartlink: https://oeffentlichesdienstrechtdigital.de/PersV.10.2011.392
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