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Betätigungsfreiheit der Gewerkschaften, Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. Januar 2005 – 1 AZR 657/03 –

Eine Polizeigewerkschaft darf in Dienstgebäuden der Polizei keine Unterschriftenlisten auslegen, mit denen beim Publikum um Unterstützung der Forderung nach einer Vermehrung der Planstellen für Polizeibeamte geworben wird. Die durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistete Betätigungsfreiheit der Koalitionen muss insoweit gegenüber dem durch Art. 20 Abs. 3 GG garantierten Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zurücktreten.

Orientierungssätze der Richterinnen und Richter des Bundesarbeitsgerichts

1. Die durch Art. 9 Abs. 3 GG garantierte Betätigungsfreiheit der Koalitionen ist nicht auf den Bereich der Tarifautonomie beschränkt. Sie erfasst auch Aktionen der Gewerkschaften, die nicht auf Mitgliederwerbung oder den Abschluss von Tarifverträgen gerichtet sind,sondern mit denen die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen betreffende Forderungen gegenüber Regierung oder Gesetzgeber vertreten werden sollen.

2. Die Betätigungsfreiheit der Gewerkschaften unterliegt verfassungsimmanenten Schranken, soweit sie mit anderen Rechtsgütern kollidiert, denen ebenfalls Verfassungsrang zukommt. Dazu gehört auch der im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde und in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Dieser verpflichtet den Staat u. a., eine sachwidrige Beeinflussung des Verwaltungshandelns zu verhindern und bereits einen entsprechenden Anschein zu vermeiden, sowie die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen auf den bestimmungsgemäßen Gebrauch zu beschränken.

3. Kollidiert die gewerkschaftliche Betätigungsfreiheit mit anderen geschützten Rechtspositionen, muss im Wege der Abwägung praktische Konkordanz zwischen den Rechtsgütern herg estellt werden. Bei der hierzu erforderlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung ist insbesondere von Bedeutung, in welchem Maße eine Gewerkschaft zur Verwirklichung ihrer koalitionsspezifischen Aufgaben auf bestimmte Orte oder Modalitäten der Betätigung angewiesen ist.

4. Unterschriftenaktionen einer Gewerkschaft, mit denen in Polizeidienststellen beim dort verkehrenden Publikum um Unterstützung der Forderung nach einer Stellenvermehrung im Polizeidienst geworben wird, fallen zwar unter die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Betätigungsfreiheit. Dennoch sind sie nicht zulässig, da die Koalitionsfreiheit in diesem Fall gegenüber dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zurückzutreten hat.

Art. 9 Abs. 3, Art. 20 Abs. 3 GG.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. Januar 2005 – 1 AZR 657/03 –

Seiten 356 - 360

Zitierfähig mit Smartlink: https://oeffentlichesdienstrechtdigital.de/PERSV.08.2005.356

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